Chef sein für Einsteiger

boss

Es ist ja gerade etwas über zwei Monate her, dass mein neuer Praktikant angefangen hat. Bisher habe ich dabei ein extrem gutes Gefühl und ich merke auch schon, wie ich langsam etwas mehr Freiraum bekomme für Projekte, die bisher liegen geblieben sind.

 

Für mich ist es das erste Mal, dass ich Vorgesetzter eines Vollzeit-Mitarbeiters bin. Klar habe ich auch schon in meinem letzten Angestelltenjob Leute geschult und Aufgaben delegiert. Aber komplett alleine für den Mitarbeiter verantwortlich zu sein, ist dann doch etwas anderes. Es gibt nämlich keinen Boss, den ich wiederum um Hilfe fragen kann.

 

In diesem Artikel möchte ich beschreiben, wie ich an die Sache herangehe und wie ich mich darauf vorbereitet habe – denn wenn ich schon Chef bin, dann will ich das auch so gut machen wie ich nur kann. Und das fängt damit an, die Fehler, die ich selbst erlebt habe nicht zu wiederholen.

Was Chefs gerne falsch machen

In meiner Zeit als Angestellter habe ich ja natürlich so meine Erfahrungen gesammelt. Hier die Top 6 von Dingen, die mich genervt haben:

  1. Zu wenig Freiraum für eigene Ideen / zu wenig Entscheidungsfreiheit
  2. Chefs die wegen jeder Kleinigkeit ausflippen und bevorzugt durch Angst motivieren (Kolleriker)
  3. Chefs, die eine Kultur des Stuhlwarmhaltens fördern (oder zumindest nichts dagegen tun) - wer am längsten sitzen bleibt, gewinnt. Ganz egal ob man irgendwas sinnvolles dabei macht.
  4. Chefs, die Dinge tun oder von mir verlangt haben, die ich moralisch überhaupt nicht vertreten konnte (z.B. lügen)
  5. Chefs, die unfähig sind, den Sinn von Aufgaben zu erklären (“haben wir schon immer so gemacht”).
  6. Kunden als Idioten darzustellen, die sowieso keine Ahnung davon haben was sie tun. Das mag ab und zu sogar stimmen, aber wenn der Chef diese Einstellung vorlebt, führt das leicht dazu, dass die Firma insgesamt überheblich wird.
  7. Geizhälse (hatte ich selbst nicht erlebt, mir wurden aber Gruselgeschichten von solchen Chefs erzählt)

Wer auf solche Horrorgeschichten steht, sollte sich auch mal durchlesen, wie es einer Freundin beim "schlimmsten Arbeitgeber Europas" erging.

 

Wie ihr euch denken könnt, möchte ich gerne vermeiden dieser Karrikatur eines Chefs zu entspreche. Hier ein paar Gedanken dazu:

 

Über Motivation und Geld

Dieses Video ist ein Muss für jede Führungsperson. Es geht um die Motivation von Mitarbeitern und wie diese nicht an Geld gekoppelt ist – zumindest nicht so wie man sich das vielleicht vorstellt:

 

Die Kurzzusammenfassung des Videos ist sinngemäß: Geld ist nur dann ein Thema, wenn man sich unterbezahlt fühlt. Ist das Thema Geld vom Tisch, dann hat es wenig bzw. gar keinen Einfluss mehr auf die Motivation des Mitarbeiters. Denn der will etwas ganz anderes. Er möchte einen Sinn in seiner Tätigkeit sehen, stolz sein, wenn er über seine Arbeit spricht.

Und ob ein Mitarbeiter stolz ist auf das was er so den ganzen Tag macht, hängt natürlich auch sehr davon ab wie stolz der Chef auf sein Tun ist. Es ist ganz allein meine Aufgabe meinen Praktikanten davon zu überzeugen, dass wir durch das was wir tun, Menschen das Leben erleichtern und etwas schaffen, das einen Wert hat.

 

Ist das der Fall, so ist es auch für den Mitarbeiter einfach seine Freunde davon zu überzeugen, dass er einen begehrenswerten Job hat. Und wer wird schon nicht gerne um seine Arbeit beneidet. Dazu gehört auch, dass er die Freiheit hat, seine eigenen Ideen zu verwirklichen. Genau diese Motivation möchte ich auch bei meinem/n Mitarbeiter/n heraus kitzeln.

 

Chefs sehen sich gerne als allwissend an, doch bei den meisten Projekten führen normalerweise viele Wege zum Ziel. Über den Weg dorthin hat jeder Mensch natürlich seine ganz eigene Vorstellung. Zu viele Chefs lassen Ihren Mitarbeitern keinen Millimeter Freiraum, weil sie davon ausgehen, dass nur sie selbst die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Und danach wundern sie sich, warum der Mitarbeiter nicht hinter seinem Arbeitgeber steht.

 

Hier ein weiterer sehenswerter TED Talk zum gleichen Thema: What makes us feel good about our work?

Fazit

Mitarbeiter zu beschäftigen gehört meiner Meinung nach zum spannendsten was die Selbständigkeit zu bieten hat. Sich darüber zu beklagen, dass die eigenen Mitarbeiter nicht motiviert sind, ist nicht viel schlauer als wenn Eltern sich über Ihre ungezogenen Kinder beschweren.

 

Fast jeder Chef war schon einmal Angestellter und hat dabei sicherlich Dinge erlebt die ihm nicht gefallen haben. Deswegen sieht meiner Meinung nach die ideale Richtlinie so aus: behandle deine Angestellten so wie du gerne selbst behandelt werden würdest. Das sollte den Anteil der Mitarbeiter die innerlich kündigen und nur noch Dienst nach Vorschrift verrichten, stark reduzieren. Mal sehen ob sich diese schöne Theorie langfristig in der Praxis verwirklichen lässt und was ich als Chef sonst noch so erleben werde.

Image: ©Fotolia - aeroking



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