Eine etwas kuriose Sache, die mir hier häufig auffällt, ist wie sich Spanier als Fußgänger unterwegs sind. Klingt komisch, aber was ich damit meine ist folgendes:
Wenn man hier als Fußgänger aufeinander zuläuft und sich gegenseitig ausweicht, um Platz zu machen, passiert das hier in aller Regel mit wesentlich weniger Abstand als in Deutschland. Weiche ich selbst nicht voraussehend aus, dann endet es häufig in einem Zusammenrumpeln.
Ich hatte schon einige merkwürdige Situationen: zum Beispiel laufe ich schnurgerade. Nun kommt eine andere Person aus der anderen Richtung und möchte abbiegen. Bei diesem Abbiegemanöver beachtet sie allerdings nicht, dass ich bei unveränderten Umständen, genau vor dieser Person stehe, wenn sie abbiegt. Normalerweise führt das dann zu einem scharfen Abbremsmanöver meinerseits oder der anderen Person.
Um diese Vorgänge besser verständlich zu machen, habe ich dieses Video angefertigt:
Komisch ist z.B. auch, dass Leute, die aus Hauseingängen kommen, scheinbar grundsätzlich nicht kucken, ob gerade zufällig ein Fußgänger vorbeiläuft. Auch nicht bei stark begangenen Gehwegen im Berufsverkehr. In dieser Situation musste ich ebenfalls schon öfter scharf abbremsen, wobei ich nach deutschen Maßstäben eigentlich klar Vorfahrt bzw. Vorgang hatte (ich weiß ich bin ein Spießer).
Ein weiteres Erlebnis der besonderen Art hatte ich in einem kleinen überfüllten Geschenkeladen. Eine Frau drängelt sich an mir vorbei, nur um dann direkt vor mir stehen zu bleiben und erst mal den Weg zu versperren. Anschließend schien ihr urplötzlich eingefallen zu sein, dass sie doch wieder umkehren muss. Anstatt mich erst vorbei zu lassen, was angesichts der räumlichen Gegebenheiten die elegantere Lösung gewesen wäre, drängelt sie sich erneut an mir vorbei - Full Body Contact inklusive.
Warum ist das so?
Eine interessante Frage, bei dem ich an diese Grafik hier denken musste. Das Lewis Modell veranschaulicht, wie verschiedene Kulturen sich verhalten und wovon sie hauptsächlich angetrieben
sind.
Wie wir sehen, sind Deutschland und Spanien an zwei gegenüberliegenden Polen zu finden. Und nein, Katalonien ist leider nicht gesondert berücksichtigt :-)
Spanier, ganz oben, verhalten sich und denken grundsätzlich impulsiver und emotionaler. (Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel.)
Deutsche hingegen sind in ihrem Naturell eher linear und sachlich nüchtern. Deswegen fällt es uns Deutschen wahrscheinlich leichter das Gehverhalten anderer Fußgänger einzuschätzen und
vorauszuberechnen.
Was im Fußgängerverkehr grundsätzlich von Vorteil ist, muss natürlich in anderen Lebensbereichen nicht unbedingt das gleiche bedeuten. Denn wenn man mit Spaniern (bzw. Katalanen) nicht gerade
zusammenrumpelt, sind sie nämlich sehr nette Menschen - die zum Glück
nicht immer nur linear denken.